Während der frühen ST-Strecke ist die Kammer vollständig erregt. Das ST-Segment entspricht auf zellulärer Ebene der Phase 2 (Plateauphase) des Aktionspotenzials. Abweichungen der ST-Strecke nach unten (unterhalb der isoelektrischen Linie) werden als ST-Streckensenkung, Abweichungen nach oben als ST-Streckenhebung bezeichnet.
ST-Streckenveränderungen, die unabhängig von Veränderungen der Erregungsausbreitung (der Depolarisation) auftreten, werden als primäre ST-Streckenveränderungen bezeichnet. Tritt die ST-Streckenveränderung infolge eines veränderten Depolarisation auf, wird von sekundären ST-Streckenveränderungen gesprochen.
Die ST-Strecke beginnt mit dem Ende der S-Zacke bzw. wenn diese fehlt, dort, wo der absteigende Schenkel der R-Zacke endet (J-Punkt). Nach einem mehr oder weniger kurzen isoelektrischen Segment geht die ST-Strecke in die T-Welle über. Das isolektrische ST-Segment kann insbesondere dann, wenn die QT-Intervalldauer relativ kurz ist (z. B. bei hohen Frequenzen), auch gänzlich fehlen. Für die Messung des Ausmaßes des Abweichung der ST-Strecke von der isoelektrischen Linie (ST-Streckensenkung oder -hebung) gilt der J-Punkt als Bezugspunkt. Für die Dauer der ST-Strecke gibt es keine Normalwerte.
Zu den Kennzeichen normaler ST-Strecken gehören:
Es existieren zahlreiche Ursachen für Abweichungen der ST-Strecke vom normalen Erscheinungsbild. ST-Streckensenkungen, die in Zusammenhang mit einer Myokardischämie oder bei Hypokaliämie auftreten oder durch Medikamente bedingt sind, gehören zu den primäre ST-Streckenveränderungen. Eine ST-Streckensenkung kann auch im Zusammenhang mit Veränderungen der T-Welle auftreten (z. B. bei Hypertrophie) oder, als sekundäre ST-Streckenveränderung, bei ventrikulären Leitungsstörungen.
ST-Senkung mit aszendierendem Verlauf: bei raschem Ansteigen physiologisch (z. B. bei Sinustachykardie), bei verzögertem Ansteigen (ST-Senkung noch nach 80 ms nach dem Ende von QRS) bei belastungsinduzierter Myokardischämie; spiegelbildliche Veränderung bei ST-Hebungsinfarkt.
ST-Senkung mit horizontalem Verlauf: Myokardischämie, spiegelbildliche Veränderung bei ST-Hebungsinfarkt.
ST-Senkung mit deszendierendem Verlauf (präterminal negativ): Hypertrophie, bei vielen sekundären Erregungsrückbildungsstörungen (z. B. Schenkelblockierungen).
ST-Senkung mit muldenförmigem Verlauf und biphasischem oder positivem T: Digitalis-Effekt.
ST-Streckenhebungen
Augeprägte ST-Streckenhebungen werden oft mit "bedrohlich" assoziiert. Dies ist richtig, da die häufigste Ursache ein akuter Myokardinfarkt ist. Neben dem Ausmaß der ST-Hebung sind die Weise des Verlaufs der ST-Strecke sowie das Verteilungsmuster in den unterschiedlichen Ableitungen wichtig.
Literatur