Der J-Punkt bildet das Ende der S-Zacke und damit den Übergang des Endes des QRS-Komplexes in die ST-Strecke. Nicht selten findet sich ein erhöhter
J-Punkt oder gar eine regelrecht abgrenzbare J-Welle. Lange Zeit gehörten J-Punkt und J-Welle zu den EKG-Phänomen, die zwar bekannt waren, denen jedoch relativ wenig
klinische Bedeutung beigemessen wurde. Dies hat sich mittlerweile geändert. Das mit J-Punkt-Veränderungen einhergehende
EKG-Muster der frühen Repolarisation gilt heute als eine ätiologisch noch nicht ausreichend geklärte
Normvariante bei jungen Erwachsenen, insbesondere bei Männern. Wenn bei vorliegen dieses Musters maligne ventrikuläre Arrhythmien auftreten (was erfreulicherweise sehr selten ist), wird von einem
Syndrom der frühen Repolarisation gesprochen (siehe dort).
Von einer J-Welle wird gesprochen, wenn sich eine eine Formveränderung am Ende des QRS-Komplexes hinsichtlich Amplitude und Dauer ausmessen lässt (nachfolgende Abbildung). Unterschieden werden eine im absteigenden Schenkel einsetzende, bogenförmig konkav verlaufende Welle (engl. slurring of QRS) und eine mehr oder weniger starkt ausgeprägte Kerbung (engl. notch). Bei Kerbungen der J-Welle kann deren Dauer bestimmt werden. Der Beginn der J-welle wird neuerdings Jo (engl. J onset), das Ende Jt (engl. J termination ) genannt. Zusätzlich kann die Höhe der Welle Jp (engl. J peak) (ausgehend von der isoelektrischen Linie) bestimmt werden. In der Klinischen Routine spielen die Vermessung dieser Punkte und die sich ergebenden J-Breite und J-Amplitude, die abhängig von der Ableitung sind, keine Rolle.
Ab: J-Welle und deren Ausmessung. Unterschieden werden (A) ein bogenförmiger Verlauf (engl. slurring) und (B) eine Kerbung (engl. notch) im absteigenden Schenkel der R-Zacke. In (C) findet sich eine Kerbung, die mit einem erhöhten Abgang der ST-Strecke assoziiert ist. Jo; Beginn der J-Welle; Jt: Ende der J-Welle; Jp: Spitze der J-Welle. Die Dauer der J-Welle und deren Amplitude (ausgehend von der isoleketrischen Linie) können bestimmt werden. In A fallen Jo und Jp in einem Punkt zusammen.
Das EKG-Muster der frühen Repolarisation ist wie folgt definiert:
Häufig finden sich diese EKG-Veränderungen in den inferolateralen EKG-Ableitungen; in aVR und V1 finden sich reziproke Veränderungen der ST-Strecken (Senkungen). Die Veränderungen nehmen unter Belastung und im Alter ab.Die nachfolgende Abbildung zeigt ein solcher EKG-Muster in ausgeprägter Form bei einem jungen Mann mit dunkler Hautfarbe.
Abb.: EKG-Muster der frühen Repolarisation im EKG eines 33-jährigen Mannes, registriert in Zusammenhang mit einer Routine-Untersuchung auf Flugtauglichkeit. Kardiale Anamnese leer. EKG freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. O. Bender, Klinik für Nephrologie und Intensivmedizin Intensivmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin.
Abb.: EKG-Muster der frühen Repolarisation mit einem bogenförmigen Verlauf des terminalen Anteils des QRS-Komplexes. Letzterer findet sich in den Ableitungen II, III, aVF sowie V4 - V6.
Abb.: EKG-Muster der frühen Repolarisation mit einer Kerbung (J-Welle) im terminalen Anteil des QRS-Komplexes ohne wesentliche ST-Hebung. Letzteres findet sich, dezent ausgeprägt, in den Ableitungen I, II, III und aVF. Zusätzlich liegt ein AV-Block II. Grades Typ Wenkebach vor.
Das Vorhandensein solcher oder ähnlicher Veränderungen bei Patienten mit einem überlebten plötzlichen Herztod hat zu der Annahme geführt, dass diese frühe Repolarisation mit einem erhöhten Risiko für maligne Arhythmien assoziiert ist. Dies ist aber vermutlich für das hier beschrieben Muster nicht generell der Fall (dafür ist das Phänomen viel zu häufig zu finden), sondern gilt für spezielle Varianten bzw. spezielle klinische Konstellationen (siehe Abschnitt Syndrom der frühen Repolarisation).
Es ergeben sich einige Differenzialdiagnosen, die bei sehr prominenten J-Punkten Veränderungen des QRS-Komplexes und der ST-Strecke, wie sie oben beschrieben wurden, bedacht werden müssen. :
Literatur