Die bei der Ableitung nach Einthoven verwendeten Elektrodenplatzierungen und resultierenden Ableitungen sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt, ebenso die bevorzugt wiedergegebenen Herzregionen. Die auch heute vielfach praktizierte Platzierung der Elektroden im Bereich der Handgelenke und der Knöchel hat sich historisch ergeben. Von der American Heart Association wird eine Platzierung an den Extremitäten distal der Schultern und der Hüfte empfohlen. Da sich in Abhängigkeit von der exakten Platzierung Potenzialunterschiede ergeben können, sollte die Platzierung bevorzugt am Ende der Extremitäten bzw. auf jeden Fall standardisiert erfolgen.
Die bevorzugte Repräsentation einzelner Herzabschnitte durch die unterschiedlichen Ableitungen ergibt sich aus der räumlichen Positionierung der Ableitungen in Relation zur Stromquelle Herz. Aus der räumlichen Positionierung der Elektroden ergibt sich, dass bei vektorieller Deutung des EKGs Aussagen über Richtung der Erregungsausbreitung in der Frontalebene möglich sind.
Tab.: Ableitungen nach Einthoven. Platzierung der Elektroden und bevorzugt abgebildete Herzregionen. Die Anlage der Elektroden erfolgt nach der Ampel-Regel (rechter Arm: roter Anschluss; linker Arm: gelber Anschluss; grüner Anschluss: linkes Bein; schwarzer Anschluss: rechtes Bein). Bei Vertauschung der Elektroden resultieren bedeutsame Veränderungen des EKG-Bildes.
Ableitung | Elektrodenposition | Herzregion |
Ableitung I | rechter Arm (negativ) / linker Arm (positiv) | mittlerer Anteil der Lateralwand des linken Ventrikels |
Ableitung II |
rechter Arm (negativ) / linkes Bein (positiv) | Zwerchfellnahe (diaphragmale) Anteile des linken Ventrikels |
Ableitung III | linker Arm (negativ) / linkes Bein (positiv) | Zwerchfellnahe (diaphragmale) Anteile des rechten und des linken Ventrikels |
Basierend auf ihrer Positionierung in Relation zu den unterschiedlichen Herzregionen werden Ableitung II und III (zusammen mit der Ableitung aVF) auch als inferiore (oder diaphragmale) Ableitungen zusammengefasst. Ableitung I ist eine anteriore Ableitung (zusammen mit aVL). In EKG-Befunden sollten die betroffenen Ableitungen aber explizit genannt werden.
Die nachfolgende Abbildung zeigt, wie die Einthoven-Ableitungen die auf der Körperoberfläche resultierenden Potenzialdifferenzen abgreifen. Ein positiver EKG-Ausschlag ergibt sich, wenn die Erregungswelle sich auf die Elektrode zu bewegt (von minus nach plus). Bewegt sie sich davon weg, resultiert ein negativer Ausschlag. Die größte Potenzialdifferenz (d.h. der größte Dipolvektor) ergibt sich bei Ableitung in Längsrichtung zum Dipol. Dies trifft in der Abbildung auf Ableitung II zu. Der Vektor in Ableitung III ist relativ klein, weil die Ableitung fast senkrecht zum Summationsvektor verläuft. Alle Ableitungen weisen einen positiven Ausschlag auf, weil sich die Aktivierung auf die positive Elektrode zu bewegt.
Der in der Abbildung dargestellte Summationsvektor gibt die Hauptrichtung der Erregung der Kammern zum Zeitpunkt der maximalen R-Zacke in der Frontalebene wieder (von der Herzbasis zur Herzspitze, von rechts oben nach links unten). Der zu diesem Zeitpunkt resultierende Vektor entspricht der elektrischen Herzachse (QRS-Achse).
Abb.: Auf den Thorax projiziertes Einthoven-Dreieck. Der mittlere Vektor und die sich auf die einzelnen Einthoven-Ableitungen projizierenden Vektoren sind dargestellt.
Die Einführung des Schemas vom aus den einzelnen Ableitungen bestehenden gleichseitigen Dreieck durch Einthoven (Einthoven Dreieck) erfolgte in Zusammenhang mit Bestrebungen, der Elektrokardiographie ein verbessertes physikalisch-mathematische Fundament zu geben. Es resultiert ein vereinfachter, geschlossener Schaltkreis, in dem die Summe der gemessenen Spannungsdifferenzen Null ist (Kirchoff´sches Gesetzt). Dies bedeutet, dass sich die mittels einer Ableitung gemessene Spannungsdifferenz aus den beiden anderen Ableitungen ergibt und somit, bei bekannten Spannungsdifferenzen an den beiden anderen Ableitungen, berechnet werden kann.
Abb.: Auf das Herz (MRT-Bild) projiziertes Einthoven-Dreieck. RA: rechter Vorhof, RV: rechter Ventrikel, LV: linker Ventrikel. Ansicht von vorn.
Für die vektorielle Betrachtungsweise des EKGs ist es sinnvoll, die drei Ableitungen geometrisch zu einem triaxialen System mit gemeinsamem Nullpunkt zusammen zu legen und mit Winkeln zu versehen. Dies erfolgt durch Parallelverschiebung der Einthoven-Ableitungen (nachfolgende Abb.). Wenn zusätzlich die Goldberger-Ableitungen berücksichtigt werden, ergibt sich ein hexaaxiales System.
Abb.: Einthovens Ableitungen und das nach ihm benannte Dreieck (links). Dargestellt ist auch die Polarität der Elektroden. Durch Parallelverschiebung (in Richtung der Pfeile in der linken Abbildung) der drei Ableitungen ergibt sich ein gemeinsamer zentraler Schnittpunkt (rechte Abbildung). Durch diesen Vorgang steht die Bezeichnung II jetzt rechts vom Zentrum, III steht jetzt links vom Zentrum. Zwischen den Ableitungen ergeben sich die eingezeichneten Winkel.
Klinischer Stellenwert
Die routinemäßige quantitative Analyse eines 12-Kanal-EKGs sollte mit der Auswertung der Einthoven-Ableitungen beginnen. Sie spielen eine wichtige Rolle
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Literatur
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